Blick auf Pfundhaus und Polytech von wo aus?

[R.A.M.]

Ich steh wie der Esel am Berg mit der einen Foto: hintergründig: Asyl, Pfrundhaus, Polytech. Aber wo soll das Haus mit dem Treppengiebel sein? Und vorn : kurzes Stgrassenschild, das man nicht lesen kann. Brandmauer rechts: Reklame von Sprüngli, Schweizer Vereinsbank (Schild übers Eck), ein Verweis auf die Oetenbachgasse (ebenfalls auf dem Übereckschild). Ganz links eine Metallstange ohne jegliche Funktion. Im Mittelgrund ein Türmchen mit Uhr. Drei Pappeln.

Haben Sie eine Ahnung?

[Chronist]

Schön wieder einmal etwas von Ihnen hören zu dürfen. Gerne hoffe ich, dass es Ihnen gut geht.
Zu Ihren schönen Bildern habe ich mir schon einmal die ersten Gedanken gemacht.

Ich werde das Gefühl nicht los, auf den ersten Blick und ohne Konsultation meiner Bücher und Karten meinte ich wir blicken von der unteren Zäune hinab in die Obmannamtsgasse. Der Strassenverlauf und die Steigung würden stimmen. Gemäss dieser Theorie müsste sich dann rechterhand das heutige Obergericht resp. der ehemalige Kreuzgang befinden. Ich vermute der Hinweis Oetenbachgasse bezieht sich auf ein Werbeschild. Aber ich schaus mir nochmals in Ruhe an und melde mich bestimmt nochmals.

[Chronist]

Endlich ist auch bei mir der Groschen gefallen. Das Haus mit dem Treppengiebel und das Uhrtürmchen konnte ich nun unterbringen und lokalisieren. Mein erster Gedanke mit der Unteren Zäune war falsch da der Blickwinkel auf Pfundhaus und Hochschule nicht stimmte. Das Uhrtürmchen in der Bildmitte gehörte zur Kantonalen Strafanstalt Oetenbach. Unmittelbar recht davon (leicht durch die Pappel verdeckt) können wir noch schwach ein Haus mit einem 6er-Treppen-Giebel erspähen. Dieses Gebäude befand sich ebenfalls früher im Gefägnis-Areal.

Dank einer Flugaufnahme von Spelterini aus den Jahren 1896-1898 konnte ich nun definitiv die Strasse zuordnen. Rechterhand wäre der Rennweg, das kurze Strassenschild würde dies unterstützen. Geradeaus Richtung Strafanstalt müsste dann die Uraniastrasse verlaufen, da die Oetenbachgasse erst rechterhand des Hauses mit der grossen Wandreklame beginnt. Dann müsste eigentlich linkerhand bereits die Bahnhofstrasse einmünden.

Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Sonntag

und grüsse Sie herzlichst

[R.A.M.]

Hallo!
Super! Ich hab immer auf diese Gegend getippt, aber mich hat der Turm mit dem Zifferblatt des Oetenbachergefängnis irritiert, da ich immer nach dem spitzen Turm des Oetenbachkirchleins gesucht habe. Jetzt muss ich nur mal studieren, von wo aus die Aufnahme gemacht wurde.

Ich vermute von einem der frühen Häuser jenseits der Bahnhofstrasse. Am Garten im Vordergrund steht noch eine Tafel: «Badanstalt und Hotel Garni», und auf der gegenüberliegenden Eck steht eine gleiche Tafel. Zuvorderst sollte eigentlich der Herkulesbrunnen stehen... Da hats auch sonst noch viel interessantes drauf...

Auch für die Angaben zur andern Foto bin ich dankbar. Werde alles archivieren.
Mit freundlichen Grüssen

[R.A.M.]

Hallo!
Habe eben bemerkt, dass die Otenbachgasse auf dem Bild abwärts geht. Das müsste folglich weiter oben sein (wo früher Glaspeter). Aber an der Ecke der Brandmauer rechts ist die Schw. Vereinsbank (laut Adressbuch 1897 an der Ötenbachgasse 28) Ein gebogener Schild an der Ecke weist darauf hin; auch ein «S» an der Fassade über genanntem Schild.

Und diese Adresse ist das Eckhaus gegenüber.Das Strassenschild an der Laterne vorne rechts heisst Rennweg - eben mit 25facherLupe auf dem dunkleren Abzug erkannt.
Jetzt bin ich total verwirrt!
Gruss
:-/

[Chronist]

Hallo liebe Zürich-Zeitreisende und RAM

Habe viel spannendes über Zürich erfahren und nun bin ich hier gelandet.

Hab da etwas gesehen, das eventuell nicht beachtet wurde, die Pappeln vor den Häusern. Diese Pappeln sind auch auf der Flugaufnahme zu sehen und beim Treppen-Giebelhaus gibt es einen Vorbau, dieser kann man auch bei der Flugaufnahme erkennen. Daher ist es möglich, dass unser Chronist Recht hat. Nur, warum sieht man eine abschüssige Strasse? Eine Erklärung könnte sein, dass das ganze Gelände, Häuser ohne die Pappeln, abgerissen wurden und anschliessend eingeebnet wurden. Aus irgend einem Grund waren diese Häuser etwas tiefer gelegen. Auf der Flugaufnahme könnte man meinen, dass das Gelände am unteren Bildrand im Bauzustand ist. Gerne würde ich vom Chronist mehr darüber erfahren. Ich denke in diesem Gebiet wurde vor und nach der Jahrtausend-Wende viel gebaut und verändert.

Grüsse aus dem Seefeld
:)

[Eric von der Forch]

Oetenbachquartier
Das wunderschöne von RAM zur Diskussion gestellte Foto hat auch mich dazu angeregt, Detektivarbeit zu leisten und auf die im Forum geäusserten Fragen Antworten zu suchen. Da Bilder bekanntlich Bände sprechen, möchte ich diesen Beitrag mit viel Bildmaterial illustrieren.

Standort des Fotografen, Datum der Aufnahme
Der Winkel zur Brandmauer von Haus ‚zum Herkules‘ Oetenbachgasse 28 und die schneckenförmige Strassenlaterne im Vordergrund lassen folgende Rückschlüsse zu:

Standort des Fotografen war ein Obergeschoss im Haus ‚Römer‘ Bahnhofstrasse 71, 1881 für den damaligen Stadtpräsidenten Dr. Melchior Römer (1831-1895) erbaut.

Tipp: Fliege das Objekt mit Google Earth an und überprüfe den Blickwinkel.

Die Elektrifizierung der Strassenbeleuchtung an der Bahnhofstrasse wurde am 13.04.1898 vom Grossen Rat beschlossen. Baubeginn (Bb) von Bahnhofstrasse 70-72 ‚zur Werdmühle‘, Fortsetzung von Oetenbachgasse 28, war 1902.

Die Aufnahme wurde m.E. kurz vor der Jahrhundertwende gemacht.
In Blickrichtung des Fotografen sehen wir die hufeisenförmige, ehemalige Werdmühlegasse. Nr. 10 gehörte Ernst Zimmermann, Badbesitzer (Reklame!), Nrn. 14, 20 und 24 Johann Rudolf Sprüngli (Reklame!).

Das Gebäude mit dem markanten 9er-Treppengiebel im Hintergrund war seit dem 13. Jh. Gasthaus und Herberge des Dominikanerinnenklosters Oetenbach. 1872 bis 19.01.1901 diente es als Kaserne der Kantonspolizei.

[Eric von der Forch]

Oetenbachkloster und Rennwegtor

Das Kloster stand bis ca. 1285 am Zürichhorn und leitete seinen Namen vom Oetenbach (heute Horn-, Wild- und Wehrenbach) ab.

Das Rennweg-Bollwerk musste 1865 der Bahnhofstrasse weichen. Dies machte eine Absenkung der unteren Oetenbachgasse notwendig, wie heute noch gut beobachtet werden kann. Die neu angelegte Strasse verläuft zudem tangential zum früheren, bogenförmigen Verlauf.

[Eric von der Forch]

Jahrhundertbauwerk Amtshäuser

Wie Markus richtig vermutet, wurden anfangs 20. Jh. im Oetenbachviertel grosse Bauvorhaben realisiert und gewaltige Erdmassen bewegt. Möglich, dass die im Forum geäusserte Verwirrung betr. auf- und abwärtsführender Oetenbachgasse daher rührt.

Die Kriegsereignisse von 1914/18 und die anschliessende Geldknappheit bewirkten, dass das Mammutprojekt von Gustav Guhl (zum Glück, sic!) nur mit Abstrichen realisiert wurde. So wurde z.B. auf ein Stadtparlament und ein neues Stadthaus verzichtet (s. Plan von 1905 unten).

Chronologie der Ereignisse

1901/02 Ablenkung des Sihlkanals in den Schanzengraben, Zuschüttung des alten Flussbetts

1902/03 Abbruch der Strafanstalt

01.10.1904 Bezug Amtshaus II am Bahnhofquai/Beatenplatz (Bauwesen II: Gas, Wasser, Elektrizität, Strassenbahn)

1904/05 Durchstich der Uraniastrasse durch den Oetenbachhügel (früher auch Sihlhügel genannt)

15.06.1907 Eröffnung der privaten Volkssternwarte ‚Urania‘

17.07.1911 Auszug der Waisenhauskinder nach Sonnenberg und Entlisberg

22.11.1913 Uraniabrücke wird dem Verkehr übergeben

01.04.1914 Bezug der übrigen Amtshäuser:
I Polizei und Gesundheitswesen (im ehemaligen Waisenhaus)
III Schulwesen u.a.
IV Hochbau- und Vermessungsamt



Freundliche Grüsse ins Blaue Störchli und in die Ostschweiz
Eric von der Forch

P.S.
Die vom Chronisten publizierte Flugaufnahme von Spelterini wurde gemäss meinen Quellen Anfang 1902 und nicht in den Jahren 1896-98 gemacht. Wie oben berichtet, wurde die Werdmühle (Sprüngli) 1901 abgetragen.

[R.A.M.]

Die Foto ist von der Trülle her aufgenommen. Wahrscheinlich noch die alte Trülle (?). Bin hinaufgestiegen und diese Foto geschossen. Rechts sieht man das auf der alten Aufnahme angeschnittene Haus mit der beschrifteten Brandmauer (Ecke Oetenbachstrasse).